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Mischt IBM jetztv den Hana-Server-Markt auf?

Mit reichlicher Verspätung ist IBM mit Hana on Power (HoP) in den Hana-Server-Markt eingestiegen, weil SAP lange Zeit ausschließlich auf x86-In-memory-Hardware setzte. Erste HoP-Referenzkunden gibt es, weitere sollen bis Jahresende folgen. Ein E3-Exklusivinterview mit Jochen Ziegler, SAP-Infrastrukturexperte und Lead Solution Architect bei IBM.
1. November 2016
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Mit Hana-basierten Unternehmenslösungen hat sich die SAP-Serveranbieterschar drastisch erhöht. Und beim Gros der bisherigen Hana-Einsätze werden In-memory-Intel-Linux-Systeme genutzt. Mit den von SAP zertifizierten IBM-Power8-Systemen mit Linux haben SAP-Kunden in Sachen Rechnerarchitektur seit geraumer Zeit eine Alternative zu x86.

Warum sollte ein SAP-Kunde für HoP votieren?

IBM-Zitat ZiglerJochen Ziegler: Mit HoP sind insbesondere drei Vorteile gegenüber HoI-Systemen verbunden: eine größere Flexibilität, eine höhere Resiliency mit ausgeprägten RAS-Vorteilen, insbesondere für den Betrieb geschäftskritischer SAP- Systeme, und eine bessere Performance. Mit HoP sind Kunden in der Lage, völlig flexibel auf der Basis der bewährten Virtualisierungstechnologie PowerVM mit Logical Partitioning, kurz: LPAR, zu definieren. Prinzipiell in einer Bandbreite von zum Beispiel 0,1 Cores mit einer In-memory-Größe von 32 Terabyte  oder auch eben umgekehrt nur ein GB mit 192, unabhängig von Prozessorsockeln und darin verbautem Hauptspeicher.

Genau dies ist mit x86-Hana-Servern, die direkte Abhängigkeiten zwischen Sockeln und darin gestecktem Memory haben, im produktiven Betrieb virtualisiert so nicht realisierbar. Ferner können bei HoP dank LPARs eine größere Zahl an virtuellen Gastsystemen parallel betrieben werden. Demnächst werden acht produktive HoP-LPARs auf einem physischen Server von SAP freigegeben werden.

Was die Resiliency anbelangt, kennt man IBM-SAP-Systeme und SAP-Landschaften seit Jahrzehnten und weiß, was ein reibungsloser und effizienter 7x24-SAP-Mission-Critical-Betrieb etwa mit S/4 Hana oder Suite on Hana an Anforderungen und Notwendigkeiten mit sich bringt und wie dieser mit IBM Power realisiert werden kann. Und bei der Performance sind wir mit HoP in BW-EML-Benchmarks pro Core deutlich besser als HoI-Systeme, nämlich um den Faktor 1,8.

Wann wird es einen S/4-Hana-(ERP-)Benchmark geben, ähnlich dem SD?

Ziegler: Es gibt offiziell den SAP-BW-EML-Hana-Benchmark. Sicherlich wird es auf Sicht einen Benchmark von SAP auch für transaktionale Systeme geben, z. B. für S/4 Hana ERP. Vielleicht noch ein Beispiel aus einem aktuellen Kundentest – Environment auf Basis HoP/Suse SLES for SAP Applications zusammen mit der Lösung SAP Bank Analyzer 8.5 mit einem Datenbankinhalt von ca. 1,5 Mio. Konten bzw. Krediten. Mit Hana on Power kamen wir in einer Stunde auf knapp sechs Millionen Transaktionen pro Minute. Bei x86 lagen wir bei rund 1,4 Millionen Transaktionen pro Minute. Beides bei vergleichbarer Hardwareausstattung, jeweils 24 TB Hana Memory. HoP erreichte also mehr als den vierfachen Durchsatz gegenüber HoI.

Es gibt Aussagen im Markt, wonach langfristig HoP einen Marktanteil bei SAP-Hana-Servern von um die 20 Prozent erzielen könnte. Sehen Sie das auch so? Was hat sich IBM zum Ziel gesetzt, sagen wir mal in den nächsten fünf Jahren?

Ziegler: Natürlich wollen wir aufholen. Ob wir mit HoP 20 Prozent Marktanteil oder mehr oder weniger erzielen, ist Spekulation. Wir sind für die Hana-on-Power-Nutzung gut vorbereitet. IBM adressiert mit HoP nicht nur bisherige Power-SAP-Kunden, sondern auch x86-Kunden, die unzufrieden sind oder sich etwas anderes erwartet hatten. Alle SAP-Kunden, die auf Qualität und Erfahrung setzen, sind potenzielle HoP-Kunden. Etliche SAP-IBM-Kunden konnten wir bereits gewinnen und eine erkleckliche Zahl davon setzt HoP bereits erfolgreich produktiv ein, zum Beispiel im BW-Bereich. Bis Jahresende werden wir auf weitere Referenzen mit S/4 Hana und SoH kommen.

Gleichwohl, es dauert nun mal eine gewisse Zeit, bis Kunden eine IT-Investition genehmigt bekommen, das Projekt implementieren, testen und dann in Produktion nehmen. Das gilt für eine HoP-Scale-up- wie für eine Scale-out-Umgebung. Wobei man sagen muss, dass eine Scale-up-Umgebung einfacher zu betreiben ist als eine Scale-out-(Cluster-)Umgebung mit beispielsweise 4, 6 oder 8 Knoten. Zudem muss ausführlich getestet werden, ehe geschäftskritische Hana-basierte Anwendungen in Produktion gehen.

Fakt ist übrigens, dass wir mit unseren HoP-Systemen in preislicher Hinsicht mit x86 durchaus auf Augenhöhe sind, was TCA anbelangt. Führt man eine faire gesamtheitliche TCO-Betrachtung durch, haben wir sogar klare Vorteile gegenüber x86.

Wird es HoP-Server auch von anderen Anbietern geben? Eben von Anbietern aus der Open-Power-Initiative/Foundation?

Ziegler: Es liegen diesbezüglich derzeit keine Pläne vor. Hana läuft nur auf Power 8, nicht auf Open Power. Die Power-Systeme von IBM, Power 8, 9 oder 10 dann, weisen eine andere Architektur sowie eine höhere In-memory-Bandbreite als Open-Power-Systeme auf. Wobei aus rein technischer Sicht Hana prinzipiell auch auf Open Power lauffähig wäre. Vorstellbar wäre, dass Entwicklungs- und Testsysteme auf Open-Power-Systemen laufen und Produktivumgebungen dann auf IBM- Power-Hardware. Aber, wie gesagt, derzeit ist nichts diesbezüglich vorgesehen.

Welche Hana-Migrationsunterstützung bietet IBM – infrastruktur- und anwendungsseitig?

Ziegler: IBM hat eine große Partner-Community, die SAP-Kunden mit First-Class-Services unterstützt. Nebenbei bemerkt werden Power-Systeme zum überwiegenden Teil über Partner vertrieben. Sie realisieren auch Kundenprojekte, implementieren Hana oder führen Migrationen in Richtung Hana durch. Natürlich bietet IBM selbst auch ebenso weitreichende Unterstützung, falls Kunden dies wünschen. Und zwar durch unsere Global-Technology-Services-(GTS-)Organisation.

Serviceprovider spielen beim Hana-Konzert eine gewichtige Rolle. Die setzen aber faktisch ausnahmslos auf Hana on Intel. Keine guten Karten hier für HoP bei dieser Zielgruppe?

Ziegler: Wir konnten nun mal erst später als mit x86 mit HoP in das Hana-Server-Geschäft einsteigen. Ein Serviceprovider in Holland, CTAC, hat sich bereits für HoP entschieden, ist auch bereits IBM-Referenzkunde. Im deutschsprachigen Raum sprechen wir momentan mit mehreren SAP-Hostern, Cloud-Anbietern oder Managed-Services-Unternehmen. Wobei mit einem SAP-Serviceprovider unlängst ein HoP-Vertrag unterzeichnet wurde. Auch bei dieser HoP-Zielgruppe werden wir aufholen. Und zwar weil Kunden ihre Serviceprovider ermuntern, Hana-basierte SAP-Unternehmenslösungen auf Hana on Power zu betreiben.

Wie muss man sich die „DB2-Hana-Auseinandersetzung“ bei IBM intern vorstellen? Schließlich ist DB2 oder DB2 BLU zu Hana ein Konkurrenzprodukt?

Ziegler: Natürlich gibt es diesbezüglich Diskussionen. DB2 und DB2 BLU for SAP stehen nun mal mit Hana im Wettbewerb. Ein Ziel von IBM ist es, im SAP-Umfeld beziehungsweise im SAP-IT-Infrastrukturbereich der führende und bevorzugte Partner zu sein. Am Ende des Tages entscheidet der Kunde über seine SAP-IT-Infrastruktur und die Datenbank seiner Wahl. So gut wie jeder SAP-Kunde hat die strategische Hana-Ausrichtung des Walldorfer Softwarekonzerns aufgenommen respektive verinnerlicht. S/4 Hana ist da und BW/4 Hana wurde gerade angekündigt. Beide laufen ausschließlich auf der Hana-Plattform. NetWeaver-basierte Systeme mit „AnyDBs“ werden gemäß SAP bis 2025 im Rahmen der Standardwartung unterstützt. Der Applikationsanbieter gibt eben vor, welche Datenbank mit welchen Unternehmenslösungen genutzt wird. Damit müssen wir klarkommen und andere Unternehmen auch.

Im Zusammenhang mit S/4 und Hana allgemein – HEC, HCP, SoH, BW/4 Hana etc. – propagiert SAP stark das Cloud Computing. Wie ist es um die Nutzung von HoP in der Cloud bestellt? HoP auch über AWS oder MS Azure?

Ziegler: Im Umfeld der DSAG-Technologietage 2015 wurden von der SAP-Anwendervereinigung verschiedene Ergebnisse einer Umfrage veröffentlicht. Demnach sehen nur drei Prozent der SAP-Kunden mit ihren geschäftskritischen Daten das Public-Cloud-Computing als zielführend an. SAP empfiehlt momentan, geschäftskritische S/4-Hana-Daten on-premise oder via Outsourcer/Serviceprovider zu nutzen und über die Hana Cloud Platform (HCP) an Cloud-Applikationen zu verbinden, wie etwa SuccessFactors, Hybris, Concur oder Ariba.

Damit erhalten SAP-Kunden die Möglichkeit, bestimmte selektive Daten in die Cloud zu verlagern. Und zwar genau jene, bei denen man es verantworten kann, sie in die Cloud zu geben. HoP bei oder über AWS oder MS Azure? Ein ganz klares Nein. HoP aus der IBM Cloud?

Ein klares Ja.

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