„Go“ for Gold

Anders als Unternehmen, die den Onlinehandel für sich entdecken, dreht Amazon den Weg um und geht als Onlinehändler in die Fläche.
Es war Mitte vergangenen Jahres abzusehen. Mit dem Kauf der amerikanischen Biomarktkette Whole Foods wurde klar, dass Amazon im stationären Handel mehr betreiben will als nur einen Testmarkt.
Der neue Coup von Amazon heißt „Amazon Go“. Der stärkste Onlinehändler der westlichen Welt entdeckt den stationären Handel für sich. Da die Dynamik im Onlinehandel eine deutlich größere ist, war klar, dass Amazon Innovationen und sein Konzept auch in Amazon Go einfließen lässt.
Die größte Neuerung bei Amazon Go ist die Einführung des kassenlosen Einkaufens. Ich gehe nicht davon aus, dass Amazon damit die Kosten senken möchte, zumindest nicht kurzfristig.
Im Moment benötigt Go eher mehr Mitarbeiter. Amazon will ein Kauferlebnis bieten wie beim Onlinehandel. Der Kunde ist schnell bei jeder Ware und hat keine Kassenwartezeit. Seit dem Probebetrieb 2016 leidet das System an Performance-Mängeln, wenn mehr als 20 Personen einkaufen, verliert es die Übersicht.
Mit besseren Sensoren und KI, die das Kundenverhalten besser vorhersieht, wird das sicher gelöst. Amazon Go „kann“ nur wenige Artikel – Schnelldreher eben. Beratung geht auch nicht.
Die Atmosphäre erinnert durch das Fehlen von Fachverkäufern und den Aufbau eher an eine Fastfoodkette. Die Chancen, sich zu differenzieren und eigene Stärken zu zeigen, sind für den traditionellen Handel gut.
Go funktioniert durch ein System von Sensoren, „Sensor Fusion“ genannt. Diese erkennen, ob, was und wie viel der Kunde aus dem Regal nimmt. Mit einer App checkt sich der Kunde ein (und aus).
Hierzulande ist zu prüfen, ob nur Daten gesammelt werden, die mit den deutschen und europäischen Datenschutzbestimmungen konform sind. Die Erweiterung der Datenquellen von online auf stationär lässt zumindest befürchten, dass Amazon immer mehr von uns weiß.
Kunden, die sich da nicht wohlfühlen, werden die Märkte meiden. Auch gibt es technische Hindernisse: Ohne ein Amazon-Konto und eine aktivierte Go-App kann nicht eingekauft werden.
Immerhin lässt Amazon den Kunden den Laden mit Produkten verlassen, die er nicht direkt bezahlt. Die Übersicht, was er gekauft hat, und die Bestätigung der automatischen Abbuchung bekommt der Kunde auf seine App.
Spontankäufe von Nichtkunden sind nicht möglich und trotz häufiger Berichterstattung über Amazon ist dort nicht jedermann Kunde. Mit eigenen innovativen Ansätzen können Unternehmen Anbietern, die aus der digitalen Welt kommen, Paroli bieten. Diese Anbieter sind nicht unschlagbar, manchmal auch mit ihren eigenen Mitteln. Damit ist die Goldmedaille wieder in Reichweite.